Forschungsprojekte

Die Gruppe Spine Biomechanics besteht aus Ingenieuren der ETH Zürich und Chirurgen der Universitätsklinik Balgrist. Gemeinsam betreiben sie translationale Forschung an der Schnittstelle zwischen biomechanischer Grundlagenforschung und der Entwicklung von klinischen Anwendungen. Der interdisziplinäre Ansatz garantiert ein hohes Maß an Expertise, um relevante klinische Fragestellungen zu untersuchen. Die Gruppe hat ein voll ausgestattetes Wirbelsäulenlabor mit maßgefertigten Versuchsaufbauten für biomechanische In-vitro-Experimente etabliert, welches dem Standard der weltweit führenden Biomechanik-Labore entspricht. Die Einrichtungen wurden für eine Vielzahl von biomechanischen Studien an menschlichen Wirbelsäulen-Kadavern genutzt, um die menschliche Anatomie und Gewebeeigenschaften zu untersuchen und zu charakterisieren. Die daraus gewonnenen Ergebnisse und Erkenntnisse fliessen in patientenspezifische, biomechanische Modelle ein, die zur Optimierung der präoperativen Operationsplanung genutzt werden.

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Muskuloskelettale Modellierung in der Wirbelsäulenchirurgie

Dieses Projekt zielt darauf ab, die multi-rigid body Körpermodellierung des Bewegungsapparates für eine aussagekräftige Funktionsanalyse von Patienten mit Wirbelsäulenpathologien zu nutzen.

Multi-rigid body Muskuloskelettale Modellierung eignet sich für eine effiziente und ganzheitliche, aber dennoch detaillierte Analyse des biomechanischen Zustands der gesunden, pathologischen (Anschlusssegmentdegenerationen (ASD), Wirbelgleiten, Skoliose, etc.) und instrumentierten menschlichen Wirbelsäule während unterschiedlichen Bewegungsabläufen (Abbildung 1). Mittels inverser Kinematik und statischer Optimierung können die Gelenkbelastungen und Muskelkräfte berechnet werden (Abbildung 2). Es wurde erwiesen, dass Eigenschaften wie die spinopelvische Ausrichtung, das Gewicht und die Größe des Patienten die Belastung in den Zwischenwirbelgelenken beeinflussen, was die Bedeutung von patientenspezifischen Modellen unterstreicht. Sowohl die Patientenspezifität als auch die Automatisierung der Modellerstellung sind für eine erfolgreiche Anwendung im klinisch-orthopädischen Arbeitsablauf notwendig. Zusätzlich zu den wertvollen unmittelbaren Informationen über die Belastung in der Wirbelsäule kann der Output eines robusten muskuloskelettalen Modells verwendet werden, um die Randbedingungen anderer Modellierungsmodalitäten zu optimieren. So führt beispielsweise die Übertragung von kinematikabhängigen Muskelkräften und Gelenkreaktionskräften auf (subjektspezifische) Finite-Elemente-Modelle zur Wiedergabe von physiologischeren Belastungsbedingungen und damit zu einer vermutlich verbesserten resultierenden Strukturanalyse durch letzteren Simulationsansatz.

Abbildung 1: Muskuloskelettales Modell in gestreckter (Extension), neutraler und gebeugter (Flexion) Position.
Abbildung 2: Heatmap-Darstellung der durch das Körpergewicht normalisierten Gelenkreaktionskräfte in den lumbosakralen Gelenken.

Wir haben eine automatisierte Pipeline für die Erstellung von semi-patientenspezifischen muskuloskelettalen Modellen entwickelt. Das Modell stellt die Anatomie und die Ausrichtung der Wirbelsäule dar, gibt die Massenverteilung des Patienten wieder und erlaubt es, das Ziel der Optimierung zu variieren. Patienteninformationen können anhand von Computertomographie-Aufnahmen und/oder frontalen und lateralen Röntgenaufnahmen (EOS) der Wirbelsäule ermittelt und eingearbeitet werden.

Die Wirbelsäulenversteifung ist der Goldstandard für die Behandlung einer Vielzahl von Pathologien, welche die Wirbelsäule betreffen. Hinsichtlich der präoperativen Planung werden wir die Verwendung von muskuloskelettalen Modellen zur Bestimmung optimierter Fusionswinkel untersuchen, indem wir versuchen, die Gelenkbelastungen zu minimieren. ASD kommt häufig nach einer Wirbelsäulenversteifung vor und kann zum Auftreten von neurologischen Symptomen und Schmerzen führen. Die Ätiologie der Erkrankung ist noch immer umstritten und eine Vielzahl von Faktoren werden damit in Verbindung gebracht. Eine vermutete Ursache ist eine erhöhte und ungewöhnliche Belastung und Bewegung oberhalb und unterhalb des fusionierten Segmentes. Die retrospektive muskuloskelettale Modellierung und Analyse von Patienten mit und ohne postoperativer ASD ist ein vielversprechender Ansatz, um zu evaluieren, ob eine veränderte Biomechanik an der ASD-Pathogenese beteiligt ist.

Projektteam & Kooperationen

Dr. Jonas Widmer
Leiter Spine Biomechanics



Profil

Marie-Rosa Fasser
Doktorandin

 

Profil

Moritz Jokeit
Doktorand

 

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